Patrick O'Brian

Aus HMS Lydia - Lexikon marinehistorischer Romane
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Patrick O’Brian wurde am 12. Dezember 1914 im englischen Chalfont St. Peter als Richard Patrick Russ geboren. Sein Vater Charles, Arzt und möglicherweise Vorbild für den fiktiven Maturin, hatte deutsche Wurzeln, seine Mutter war Britin. Über seine Jugend ist nicht viel bekannt. Sicher ist nur, dass er eine lange Krankheit hatte, während deren er viel über das 18. Jahrhundert gelesen hatte.

O’Brian schrieb seine ersten Geschichten bereits als Jugendlicher; seine Erzählung „Caesar: The Life Story of a Panda-Leopard“ im Alter von zwölf Jahren.

Er heiratete früh und wurde Vater eines Sohnes und einer Tochter. Die Ehe mit Elizabeth stand unter keinem guten Stern. Die gemeinsame Tochter Jane verstarb mit drei Jahren. Zwischen 1944 und 1949 entbrannte ein Streit um den Sohn Richard.

Während des zweiten Weltkriegs versuchte er vergeblich in die Royal Air Force einzutreten und arbeitete dann für den Secret-Service. Seinem älterem Bruder Michael gelang es, Pilot bei der australischen Luftwaffe zu werden. Michael legte den deutschen Namen Russ ab und wurde als Michael O’Brian geführt. Bei einem Luftangriff auf Dortmund wurde er abgeschossen und kam ums Leben.

Bereits während des Krieges lernte Patrick seine zweite Frau Mary Tolstoi kennen, verließ daraufhin seine Familie und zog mit ihr nach Wales. Mary war mit Fürst Dimitri Tolstoi, aus der Familie des bekannten Leo Tolstoi („Krieg und Frieden“), verheiratet und brachte zwei Kinder mit in die Ehe. Sein Sohn Richard zog ebenfalls zu ihnen.

1945 änderte er seinen Namen offiziell in Patrick O’Brian um. Die Entscheidung ist auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar, hatte er doch bereits einen gewissen Ruf mit seinen bisherigen Veröffentlichungen aufgebaut. Sein Sohn Richard vermutete später, dass er einen Schlussstrich unter sein bisheriges Leben ziehen wollte, um vollkommen neu anzufangen. Erst 1998 nahmen britische Journalisten die Spur wieder auf und fanden heraus, dass der vermeintliche Ire O’Brian als Richard Patrick Russ in Chalfont geboren wurde.

Wenige Jahre nach dem Krieg zog er mit Mary nach Südfrankreich, wo er für den Rest seines Lebens wohnen blieb. Sein Sohn ging zurück zu seiner Mutter Elizabeth, besuchte ihn jedoch dessen ungeachtet noch einige Jahre lang in Südfrankreich. Das Verhältnis war nicht das Beste, denn O’Brian war kein einfacher Mensch. Viele Jahre schickte Richard noch Briefe an seinen Vater, beantwortet wurde sie von Mary. Als Richard selbst heiraten wollte, entschloss er sich wieder den Namen Russ anzunehmen. Er informierte seinen Vater und Mary über seinen Entschluss. Mary schrieb ihm noch einmal und äußerte Verständnis für seine Entscheidung. Danach brach der Kontakt für immer ab.

In den 50er Jahren schrieb O’Brian mit The Golden Ocean und The Unknown Shore zwei Seeromane, die als Vorläufer seiner Aubrey-Maturin-Serie gelten.

Bekannt wurde er durch die Romanserie rund um Kapitän Jack Aubrey und seinen Freund, den Schiffsarzt Dr. Maturin, während der Zeit der napoleonischen Kriege. Der erste Roman „Master and Commander" erschien 1969.

Die Besonderheit seiner Romane liegt in der hohen Detailtiefe bei der Darstellung des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Eine seiner Kernaussagen war, dass sich die Zeiten und Rahmenbedingungen in Sieg und Niederlage verändern, der Mensch jedoch der gleiche bleibt. Dies ist einer der Gründe, weshalb sich sehr viele Leser mit Aubrey und Maturin identifizieren können.

Obwohl auch hier die ersten Bücher nicht den großen Erfolg hatten, entwickelte sich mit der Zeit ein großes Publikum. Letztendlich schrieb er 20 Romane für diese Serie; der 21. blieb leider unvollendet. Der weltweite Erfolg setzte 1989 ein, nachdem W.W. Norton begann, die Romane in den USA zu veröffentlichen.

O’Brian machte sich nicht nur als Autor von Seekriegsromanen einen Namen, sondern übersetzte auch einige französische Werke und Biografien ins Englische. Daneben schrieb er auch selbst Biografien, so zum Beispiel über den Künstler Pablo Picasso, der zur gleichen Zeit im französischen Dorf Collioure lebte.

1997 starb seine Frau Mary. Der schwere Verlust machte sich auch in den letzten Aubrey-Romanen bemerkbar.

Nikolai Tolstoi veröffentlichte 2004 eine wichtige Biografie über seinen Stiefvater. „Patrick O'Brian: The Making of the Novelist” enthielt zum ersten mal detaillierte Informationen aus den Familien Russ und Tolstoi. Tatsächlich sind vor allem ältere Biografien gespickt mit falschen Informationen, nicht zuletzt von O’Brian selbst in die Welt gesetzt. Die Verknüpfung von realen und fiktiven Ereignissen gelang dem großartigen Autor nicht nur in seinen Romanen, sondern auch im wirklichen Leben.

Leider erlebte er nicht mehr Peter Weir's Film „Master and Commander: The Far Side of the World (2003)“, welcher grob auf den Romanen basierte. Patrick O’Brian verstarb mit 85 Jahren am 4. Januar 2000 in Dublin. Sein Leichnam wurde in seine Wahlheimat Frankreich überführt.


Bibliographie

Jack Aubrey: Master and Commander (1969) • Post Captain (1972) • HMS Surprise (1973) • The Mauritius Command (1977) • Desolation Island (1978) • The Fortune of War (1979) • The Surgeon's Mate (1980) • The Ionian Mission (1981) • Treason's Harbour (1983) • The Far Side of the World (1984) • The Reverse of the Medal (1986) • The Letter of Marque (1988) • The Thirteen-Gun Salute (1989) • The Nutmeg of Consolation (1991) • Clarissa Oakes (1992) • The Wine-Dark Sea (1993) • The Commodore (1994) • The Yellow Admiral (1996) • The Hundred Days (1998) • Blue at the Mizzen (1999) • The Final Unfinished Voyage of Jack Aubrey (2004)

Romane: Caesar (1930) • Hussein (1938) • Testimonies (1952) • The Catalans (1953) • The Road to Samarcand (1954) • The Golden Ocean (1956) • The Unknown Shore (1959) • Richard Temple (1962)

Kurzgeschichten: Beasts Royal (1934) • The Last Pool and Other Stories (1950) • The Walker and Other Stories (1955) • Lying in the Sun and Other Stories (1956) • The Chian Wine and Other Stories (1974) • Collected Short Stories (1994)

Non-Fiktional: Men-of-War: Life in Nelson's Navy (1974) • Picasso (1976) • Joseph Banks: A Life (1987)

Weblinks

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